Europäische Straßenpiraten werden bald nicht mehr ungestraft davonkommen, wenn sie einmal über die Grenze verschwinden.
Bisher konnten Autofahrer, die sich in einem anderen EU-Land schlecht verhalten hatten, einfach nach Hause fahren, ohne dass ihnen dort Konsequenzen drohten. Diese Lücke wird bald geschlossen. Bis 2030 soll in allen Mitgliedstaaten ein digitaler Führerschein eingeführt werden, so dass ein Fahrverbot in einem Land automatisch auch in allen anderen EU-Ländern gilt. Damit unternimmt die Europäische Kommission einen wichtigen Schritt im Kampf gegen Verkehrsrowdys.
Wer in Frankreich betrunken am Steuer erwischt wird oder in Deutschland mehr als fünfzig Stundenkilometer zu schnell fährt, muss in vielen Fällen nur dort dafür bezahlen. Im eigenen Land konnten die Menschen oft wieder ungehindert ans Steuer. Die Bestrafung blieb oft unbemerkt, insbesondere wenn der Täter das Land schon lange vor der offiziellen Urteilsverkündung verlassen hatte. Das neue System wird dem ein Ende setzen.
Die EU arbeitet an einem zentralen System, in dem die Verhängung und Durchsetzung von Fahrverboten zwischen den Mitgliedstaaten aufgeteilt wird. Sobald jemand in einem der Länder seinen Führerschein verliert, wird dies über das digitale System sofort an alle anderen Länder weitergegeben. Auch das Herkunftsland muss diese Strafe anerkennen und vollstrecken. Die Folgen sind konkret: Wer in Italien wegen rücksichtsloser Fahrweise seinen Führerschein verliert, darf sich in Belgien oder den Niederlanden nicht mehr ans Steuer setzen.

Der EU-Kommissar für Verkehr, Apostolos Tzitzikostas, ist sich über die Notwendigkeit der neuen Vorschriften im Klaren. „Mit den neuen Regeln verhindern wir, dass gefährliche Fahrer durch Grenzübertritt einer Strafe entgehen“, sagt er. „Im vergangenen Jahr verloren auf den Straßen der EU fast 20.000 Menschen ihr Leben. Diese Initiative wird für die Erreichung unseres Ziels, die Zahl der Verkehrstoten bis 50 um 2030 % zu senken, von entscheidender Bedeutung sein.“
Damit wird auch auf die Ungleichheit der Strafen zwischen den verschiedenen EU-Ländern eingegangen. Bisher konnte ein schwerer Verkehrsverstoß in einem Land zu einem monatelangen Fahrverbot führen, während derselbe Verstoß anderswo lediglich mit einer Geldstrafe geahndet wurde. Bald gilt die strengste Strafe für alle Mitgliedstaaten, was zu einer gerechteren und einheitlicheren Verkehrspolitik führen soll.
Auch wenn der Führerschein digital wird, wird das physische Dokument weiterhin bestehen bleiben. Die Bürger behalten das Recht, eine Papierversion anzufordern, obwohl die digitale Kopie bei der Durchsetzung führend sein wird. Dieser digitale Führerschein erleichtert den Behörden die Überprüfung der Gültigkeit und eventueller Einschränkungen, auch über Landesgrenzen hinweg.
Das neue System bedeutet nicht nur mehr Fairness, sondern auch ein sichereres Fahrgefühl für regelkonforme Verkehrsteilnehmer. Die Straße wird im wahrsten Sinne des Wortes ein wenig sicherer, da sich asoziale Autofahrer nicht mehr hinter Landesgrenzen verstecken können.