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Pitane-Bild

Den Verkehrsteilnehmern zuzuhören und Verkehrstrends zu antizipieren sind der Schlüssel zur Verwirklichung der Vision Zero.

Der Verkehrspsychologe Matthijs Dicke warnt davor, dass die niederländischen Straßen angesichts der zunehmenden Aggressivität und Individualisierung unter Autofahrern in puncto Sicherheit allmählich an ihre Grenzen stoßen. Laut Dicke, der bei der Mobilitätsberatung Goudappel arbeitet, liegt die größte Verantwortung bei den Autofahrern selbst, die in Innenstädten das aggressive Fahrverhalten annehmen, das auf überfüllten Autobahnen zur Norm geworden ist.

Goudappels Dicke fasst seine Beobachtungen zum veränderten Verkehrsverhalten in einem zusammen Blog auf Cyclomedia. Er identifiziert zwei zentrale Trends. Der erste Grund ist das zunehmende Verkehrsaufkommen, das eine sichere Ein- und Ausfahrt auf Autobahnen immer weniger selbstverständlich macht. „Man muss seinen Platz beanspruchen“, stellt er fest. Der zweite Trend ist die zunehmende Individualisierung der Gesellschaft, ein Phänomen, das durch die Covid-19-Krise noch verstärkt wurde.

dunkle Seite

In einer Zeit, in der Nachhaltigkeit und Gesundheit ganz oben auf der Tagesordnung stehen, fördern die Niederlande die Nutzung alternativer Transportmittel wie E-Bikes. Allerdings bringt diese Entwicklung auch eine unerwartete Schattenseite mit sich: eine steigende Zahl an Radverkehrstoten, insbesondere bei Senioren. „Wir befinden uns in einer gravierenden Spaltung“, warnt der Verkehrspsychologe. „Der Gesundheitsgewinn wird dadurch ausgeglichen, dass eine bestimmte Gruppe zum Opfer wird.“

Es scheint, dass sich insbesondere ältere Menschen über 75 Jahren, die auf Elektrofahrräder umsteigen, in einer gefährlichen Situation befinden. Trotz ihrer körperlichen Einschränkungen ermöglicht ihnen der Elektromotor das Weiterradeln. Was jedoch oft übersehen wird, ist, dass diese Gruppe nicht nur körperlich, sondern auch kognitiv an Grenzen stößt. Das Ergebnis? Es kommt häufiger zu Fehlern, Stürzen und schweren Verletzungen.

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Doch es sind nicht nur Senioren, die Probleme bereiten. Neuere Mobilitätsformen wie E-Scooter und E-Skateboards ziehen ein jüngeres, oft unvorsichtiges Publikum an. „Das betrifft vor allem Verkehrsteilnehmer, die sich selbst in Schwierigkeiten bringen, nicht andere“, erklärt Dicke. Dieses rücksichtslose Verhalten führt zu Unfällen, die leicht hätten verhindert werden können.

Besorgniserregend ist, dass die Polizei in einem aktuellen Bericht feststellte, dass Menschen bei Alkoholkontrollen eher die Kooperation verweigern. Straftaten wie das Fahren ohne Führerschein oder mit dem Mobiltelefon in der Hand werden immer normaler. Manche Verkehrsteilnehmer, etwa auf dem Rückweg von einem Festival, sind sogar davon überzeugt, dass eine Mischung aus Kokain und Alkohol ihr Fahrverhalten positiv beeinflusst.

Dicke ist klar: „Sensibilisierungskampagnen sind nützlich, aber sie haben ihre Grenzen. Die Gruppe, die sich nicht um die Regeln kümmert und von der eigentlich das größte Risiko ausgeht, bleibt oft unerreichbar. Für diese Menschen ist es notwendig, die Durchsetzung zu verschärfen.“

Ambition 

Vor diesem Hintergrund haben sich Kommunalverwaltungen weltweit ein hehres Ziel gesetzt: Vision Zero. Ziel ist es, bis 2050 keine tödlichen Verkehrsunfälle mehr zu haben. Und dies in einer Zeit, in der sich Mobilität und Verkehrssicherheit durch die Einführung neuer Transportmittel wie Mitfahrgelegenheiten und Elektroautos rasant verändern. Auch Radfahrer fordern zunehmend einen sicheren Ort in dieser komplexen Verkehrslandschaft.

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Foto: © Pitane Blue – Radweg am Amsterdamer Hauptbahnhof

Cyclomedia, das die Straßeninfrastruktur detailliert kartiert, steht an der Spitze der Entwicklungen im Bereich der Verkehrssicherheit in Europa. Sie sind nicht nur Vorreiter bei der digitalen Visualisierung öffentlicher Räume, sondern sammeln auch wertvolle Daten, die Fachleuten dabei helfen, Städte an verschiedenen Fronten zu verbessern. Sie sind auf fortschrittliche mobile Kartierungssysteme spezialisiert und zielen auf dicht besiedelte Stadtgebiete in Europa und Nordamerika ab. Diese Daten bieten Regierungen und Unternehmen die Möglichkeit, Städte grüner, zugänglicher, intelligenter und letztendlich sicherer zu machen.

„Genauer gesagt haben wir uns mit dem unabhängigen Forschungsunternehmen Multiscope zusammengetan, um uns auf die Sicherheitswahrnehmung der Bewohner einiger europäischer Großstädte zu konzentrieren.“

zweite Ausgabe

In der zweiten Auflage der Studie zur Verkehrssicherheit in Europa heißt es Cyclomedia-Bericht dass Verkehrssicherheit mehr ist als nur Regeln. Es ist Zeit für ein neues Stadtdesign. Städte und Verkehr sind ständig in Bewegung. Um die Verkehrssicherheit zu verbessern und ein besseres Verständnis zu schaffen, bedarf es mehr als nur Regeln wie das Tragen eines Helms oder andere Verkehrslösungen. Kommunalverwaltungen müssen Städte und Straßen anpassen, um Faktoren wie zunehmende Verkehrsgeschwindigkeiten und Elektrofahrzeuge zu berücksichtigen. 

Das Fazit ist klar: „Unser Ziel sollte es nicht sein, Verkehrsprobleme einfach zu vermeiden, sondern aktiv zu lösen.“ Damit sich die Straßen sicherer anfühlen, ist es wichtig, den Menschen zuzuhören, die die Straßen nutzen: Was mögen sie, was brauchen sie und was schätzen sie nicht? Durch das Sammeln nützlicher Informationen können wir Städte und Straßen einfacher und effektiver planen. Wenn wir Verkehrssysteme auf der Grundlage der Benutzerwünsche und der Sicherheit entwerfen, können wir eine sicherere Umgebung schaffen und in den kommenden Jahrzehnten die Vision Null anstreben.“

Städtische Verkehrssicherheit

Nach dem Städtische Verkehrssicherheit Der Index zeigt, dass sich die meisten Menschen in europäischen Städten im Allgemeinen sicher fühlen. Allerdings kam es in der Rangliste zu deutlichen Verschiebungen. Tallinn und Oslo, Städte, die für solche Erfolge nicht oft im Rampenlicht stehen, stehen nun ganz oben auf der Liste der sichersten Metropolen. Am anderen Ende des Spektrums fühlen sich die meisten Menschen in Istanbul, Rom und Mailand in ihrer eigenen Stadt eher unsicher als sicher.

Im Vergleich zum letztjährigen Urban Road Safety Index schneiden Amsterdam, Wien, Stockholm und Berlin schlechter ab. Der Neuling auf der Liste, Tallinn, belegt in diesem Jahr den Spitzenplatz, während Städte wie Paris, Budapest, Oslo und Kopenhagen im Vergleich zum Vorjahr eine Verbesserung verzeichnen.

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