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Die Zahl der Großinsolvenzen in Deutschland stieg in den ersten neun Monaten dieses Jahres um 9%. Der durchschnittliche Verlustposten erhöhte sich ebenfalls. In 42% der Fälle war sie viel höher als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Die Sektoren mit den meisten Insolvenzen sind der Einzelhandel, der Automobilsektor, der Dienstleistungssektor, aber auch der Metall-, Textil- und Energiesektor. Dies geht aus Untersuchungen des Kreditversicherers hervor Euler Hermes.

Laut den Forschern fiel der Vorhang für 9 große Unternehmen in den ersten 27 Monaten (Jahresumsatz über 50 Millionen Euro). Bekannte Beispiele sind Loewe, Kettler, Beate, Schuhpark Fascies, das Windenergieunternehmen Senvion, der Automobilzulieferer Eisenmann, der Buchgroßhändler Koch, Neff & Volkmar (KNV), die Fluggesellschaft Germania und das Modeunternehmen Gerry Weber.

Akuter Geldmangel

Walter Toemen, Risikodirektor bei Euler Hermes Nederland, erklärt, dass insbesondere die Auswirkungen auf die Lieferanten oft dramatisch sind. 

„Bei seriösen Großkunden denken Unternehmen, dass sie sicher sind. Sie sind daher bereit, weitreichende Zahlungsbedingungen zu akzeptieren. Zeiträume von 60 bis 120 Tagen. Dies sind oft große Mengen. Das macht sie verletzlich. Wenn ein so großer Kunde bankrott geht, hat er akute finanzielle Schwierigkeiten. Ganze Filialen können davon betroffen sein. Wenn bei großen Unternehmen etwas schief geht, geht es oft schnell. Insbesondere einige kleinere Lieferanten fallen daher um. “

Die Insolvenzen werden Ende 2019 und Anfang 2020 zunehmen

Betrachtet man die allgemeinen Insolvenzzahlen in Deutschland, so hat sich die Zahl in den ersten 9 Monaten kaum verschlechtert. 

„Wir glauben, dass der Anstieg ab dem letzten Quartal 2019 zu Beginn des Jahres 2020 sichtbar sein wird. Es ist klar, dass die deutsche Wirtschaft angeschlagen ist. Neue Großinsolvenzen scheinen unvermeidlich. Das Unwohlsein wird sich langsam aber sicher auch in den Insolvenzzahlen des KMU-Segments bemerkbar machen. Wir erwarten daher für das kommende Jahr einen weiteren prozentualen Anstieg “, sagt Toemen.

Deutschland steht vor einer Rezession. Ob das Land tatsächlich über diesen Rezessionsrand fällt, ist laut Toemen schwer zu sagen. 

„Die deutsche Wirtschaft wird hauptsächlich von höheren Konsumausgaben angetrieben. Der Arbeitsmarkt ist stark, das Baugewerbe läuft gut und die Exporte sind ebenfalls relativ stabil. In der Branche gibt es noch keine Erholung. Auch die Gefahr des Brexit und des Handelskrieges wirkt sich nicht positiv auf die deutsche Wirtschaft aus. Was es also insgesamt ergibt, ist schwer zu sagen. Es ist klar, dass die Belastbarkeit nicht von den Unternehmen ausgeht. Sie verbrauchen immer noch ihre Puffer. “

Laut Toemen ist der Anstieg größerer Insolvenzen wie in Deutschland auch in anderen Ländern sichtbar.

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Walter Tömen